Das deutsche Wahlsystem

Häufig ist davon die Rede, dass es in Deutschland freie und geheime Wahlen gäbe. Doch was bedeutet das eigentlich genau?

Zuerst einmal ist zu beachten, dass es verschiedene Wahlen gibt, mit denen die deutschen Bürger auch verschiedene Institutionen wählen können. Da jedoch für jede Wahl etwas unterschiedliche Bedingungen herrschen, spezialisiert sich dieser Artikel auf den Fall der Bundestagswahl.

Im Grundgesetz §38 (1) steht zur Bundestagswahl:

„Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“

Die fünf Adjektive, welche das Wort „Wahl“ beschreiben, haben in diesem Absatz eine ganz besondere Bedeutung:

Dass die Wahlen allgemein sind, bedeutet, dass alle deutschen Staatsbürger, welche das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, wählen dürfen.   

Mit der unmittelbaren Wahl ist gemeint, dass der Wähler den Abgeordneten direkt wählen kann und nicht eine dritte Partei wählen muss, damit die Stimme zum Abgeordneten gelangt.

Damit die Wahlen frei sind, darf keiner der Wähler erpresst, bestochen oder auf sonstige Weise unter Druck gesetzt werden, um eine Partei zu wählen oder um überhaupt zu wählen.

Das Wort gleich bedeutet, dass jede Stimme gleich viel gewichtet wird, egal wer der Wähler ist oder wer gewählt wird.

Bei geheimen Wahlen wird nicht veröffentlicht, wer wie gewählt hat. Die geheime Wahl hilft auch dabei, die Wahl gleich zu gestalten, da Stimmen von bestimmten Personen nicht stärker oder schwächer gewichtet werden können, weil nicht bekannt ist, wer welchen Stimmzettel ausgefüllt hat.

Jedoch sind dies nicht die einzigen Kriterien, die eine Bundestagswahl in Deutschland ausmachen:

 

Zuerst einmal kann der Wähler zwei unterschiedliche Sachen wählen. Er gibt sozusagen eine Erst- und eine Zweitstimme ab. Bei der Wahl der Erststimme kann der Wähler für einen Kandidaten stimmen. Dieser kann aus einer Partei kommen oder unabhängig sein. Jedoch kann eine Partei nur einen Kandidaten pro Wahlkreis stellen. Der Kandidat, der in seinem Wahlkreis die Wahl der Erststimme gewinnt, erhält einen Sitz im Bundestag. Diesen direkten Einzug in den Bundestag nennt man auch Direktmandat. So ist mindestens ein Abgeordneter aus jedem Wahlkreis im Bundestag vertreten.

Die Zweitstimme überlässt dem Wähler die Möglichkeit für eine der auf dem Stimmzettel befindlichen Parteien zu stimmen. Dabei ist wie bei der Erststimme nur ein Kreuz erlaubt. Auf der Liste der Zweitstimmen stehen außerdem die Namen der Abgeordneten in einer bestimmten Reihenfolge. Diese Reihenfolge ist entscheidend, da die Kandidaten, die weiter vorne auf der Liste stehen, auch eher in den Bundestag kommen. Bei der Verteilung der Sitze, bekommt jede Partei entsprechend ihres Wahlergebnisses einen prozentualen Anteil der Sitze im Bundestag. Je mehr Sitze eine Partei im Bundestag erlangt, desto mehr Einfluss hat sie auf die Entscheidungen des Bundestags. Also bestimmen die Wähler, wie viel Einfluss die jeweiligen Parteien haben. Diese werden zunächst mit den Abgeordneten gefüllt, welche ein Direktmandat erworben haben. Der Rest der Plätze wird mit den Abgeordneten auf der Liste entsprechend der Reihenfolge gefüllt.

Jedoch reicht es nicht für eine Partei eine Erststimme zu gewinnen oder ein paar Zweitstimmen zu erhalten, da sonst jede kleine Partei direkt in den Bundestag gewählt werden könnte, sobald eine Person sie wählt. In Deutschland gibt es eine sogenannte Sperrklausel (auch Fünf-Prozent-Hürde genannt):

Dies heißt, dass eine Partei mindestens 5% der Zweitstimmen in ganz Deutschland erhalten haben muss, um in den Bundestag zu kommen. Wenn eine Partei aber in mindestens drei der 299 Wahlkreise in Deutschland die Erststimme gewonnen hat, kommt sie trotzdem unabhängig von der Anzahl der Zweitstimmen in den Bundestag. Jedoch erhält die Partei in diesem Fall die volle Anzahl der ihr durch die Zweitstimmen zustehenden Sitze. Wenn eine Partei weniger als drei Erststimmen und 5% der Zweitstimmen erzielt, ziehen nur die Kandidaten der Direktmandate in den Bundestag ein.

Schlussendlich lässt sich sagen, dass die Bundestagswahl in Deutschland vorsieht, dass einerseits alle Regionen berücksichtigt werden, andererseits aber auch nur Parteien in den Bundestag aufgenommen werden, wenn ausdrücklich erkennbar ist, dass die Partei einen nicht zu kleinen Teil der deutschen Bevölkerung repräsentiert.

 

Autor: Severin Gerke

 

 

 

Quellen:

 

http://www.bundestag.de/parlament/aufgaben/rechtsgrundlagen/grundgesetz/gg_03/245126

http://www.bpb.de/politik/wahlen/bundestagswahlen/62534/wie-funktioniert-die-wahl

http://www.bpb.de/politik/grundfragen/deutsche-demokratie/39310/wahlen