Parteienstruktur in Deutschland

Politische Parteien; verschieden und doch gleich.
Obwohl die Anzahl politischer Parteien in der BRD weit unterhalb der zu Zeiten der Weimarer Republik existenten liegt, verfügt Deutschland im Vergleich zu anderen Nationen, wie bspw. den USA über eine Vielzahl politischer Parteien. Von den alteingesessen, traditionellen politischen Urgesteinen wie CDU, SPD und FDP, bis zu jungen Parteien, wie bspw. Die Linke, oder Die Piraten. Besonders angesichts der politischen Polarisierung, welche z. Z. die Staaten Europas und der Welt durchdringt, scheint auch die Idylle der deutschen Politik gestört. Vor allem der Aufstieg der momentan vermutlich umstrittensten Partei der Nation, der AfD, betont die bestehenden ideologischen Uneinigkeiten. Trotz dieser Differenzen haben die Parteien durchaus weit mehr gemein, als man angesichts dieser Tatsachen denken mag. Eine und zugleich die prägnanteste dieser Gemeinsamkeiten stellt die Struktur der Parteien dar, d.h. ihre fundamentalen Eigenschaften.
 Wie gründet man eine Partei? Wie sind die Parteien aufgebaut? Wie finanzieren sie sich?
 Mit diesen Fragen befasst sich der vorliegende Artikel.

 

 

Der politische Entstehungsprozess

 

Voraussetzung für die Gründung einer Partei ist eine politische Vereinigung, auch Wählergruppe genannt. Dieser Begriff bezeichnet einen Zusammenschluss engagierter Bürger, welche sich durch ihr Teilnahmerecht an Wahlen von Wählerinitiativen unterscheiden. Um den Status einer legitimen Partei zu erhalten, darf eine solche Vereinigung eine Mindestzahl an Mitgliedern nicht unterschreiten. Offiziellen Angaben zufolge beträgt diese 66 Personen. In der Vergangenheit gab es jedoch mehrfach Fälle in denen dieser Sollwert unterschritten wurde, eine Zulassung der Partei dennoch erfolgte. Die Mitglieder einer zukünftigen Partei müssen bestimmte Anforderungen erfüllen. Jedes Mitglied ist dazu verpflichtet dem Profil eines "anständigen deutschen Staatsbürgers" zu entsprechen.
Die offizielle Anerkennung einer Partei erfolgt durch den jeweiligen Landesausschuss. Dieser überprüft anhand der vorliegenden Unterlagen die Parteieigenschaften. Zu den staatlichen Voraussetzungen gehört die Existenz eines Vorstandes, welcher wenigstens drei Parteimitglieder umfasst. Der Vorstand einer Partei widmet sich dem Treffen relevanter Entscheidungen, wie bspw. der Organisation von Wahlkämpfen und ähnlichen öffentlichen Aktionen, sowie der Repräsentation des Gebietsverbandes der jeweiligen Partei nach außen. Auf Bundesebene agierende Vorstände werden als Präsidien bezeichnet.
Hinzu kommt, dass die jeweilige Partei über einen eigenen eindeutigen Namen verfügen muss, welcher sich, um Missverständnissen und Verwechslungen vorzubeugen, deutlich von denen bereits existierender Parteien unterscheidet. Die Möglichkeit aktiv am Parlamentsgeschehen mitzuwirken, muss durch eine ausreichende Ressourcenausstattung gewährleistet sein; d.h. die Partei muss über ausreichende finanzielle sowie personelle Mittel zur Erfüllung dieser Aufgabe verfügen. 
Eine Wahlzulassung erfordert die Existenz eines sogenannten Grundsatzprogramms. Im Falle einer Übereinstimmung zwischen den im Grundsatzprogramm dargelegten parteilichen Prinzipien, sowie offiziell formulierten staatlichen Voraussetzungen, erhält die jeweilige Partei eine Wahlzulassung.

 

 

Der organisatorische Aufbau von Parteien

 

Beim Grundsatzprogramm handelt es sich um eine Auflistung langfristiger parteilicher Zielsetzungen. Aus der Programmatik einer Partei müssen deren klare Zielsetzungen hervorgehen. Diese spiegeln das politische Selbstverständnis, also die programmatischen Positionen einer Partei wider.
Durch die programmatische Ausrichtung definiert das Grundsatzprogramm somit konkrete Grenzen, durch welche sich die junge Partei von ihren politischen Konkurrenten abzugrenzen versucht. Die Festlegung eines Grundsatzprogramms ist Aufgabe der Grundsatzkommission, einer demokratisch gewählten Zusammenkunft einzelner Parteimitglieder, auch als Mitglieder -bzw. Vertreterversammlung bezeichnet. Dieses parteiliche Organ stellt "das oberste Organ des jeweiligen Gebietsverbandes" dar (§9 Parteiengesetz).

 

 

Die Organisationsebenen

 

Zur Wahrung der Einheit und Handlungsfähigkeit vor Ort unterteilen Parteien sich in unterschiedliche Organisationsebenen. Hierbei handelt es sich um vier verschiedene Ebenen. Die Gebietsgliederung entspricht einer hierarchischen Struktur.
Hierbei bilden Parteibünde auf Bundes-oder Europaebene das oberste Glied, gefolgt von den Landesverbänden, die die parteilichen Zusammenschlüsse auf Ebene der jeweiligen Bundesländer darstellen. Auf die Landesverbände folgen die Kreisverbände, welche den Stadt- und Landkreisen entsprechen und somit mehrere Ortsverbände einschließen während Orts -oder Stadt -und Gemeindeverbände die grundlegendste Form der politischen Gemeinde darstellen.

Eine weitere notwendige Formalität ist das sogenannte Parteistatut. In ihr sind unteranderem Daten der Mitglieder, sowie deren Rechte enthalten. Kontextuell unterscheidet sich ihre Struktur somit kaum von dem Statut eines regulären Vereins.

 

 

Innerparteiliche Demokratie

 

Der §21 GG besagt "Ihre innere Ordnung muss demokratischen Grundsätzen entsprechen".
Deutsche Parteien sind somit verpflichtet ihre innerparteiliche Ordnung gemäß diesen demokratischen Normen zu gestalten. Beabsichtigt ist zudem eine von den Mitgliedern ausgehende innerparteiliche Willensbildung. Die Struktur der bestehenden Parteiorgane orientiert sich entlang mehrheitsbegünstigender Wahlverfahren. Neben den Parteiorganen, dem Vorstand und der Mitglieder- bzw. Vertreterversammlung existiert zudem ein Parteischiedsgericht, sowie ein allgemeiner Parteiausschuss.

Politische Instandhaltungsmaßnahmen:

Wenn nun die ersten Schritte getan und der Gründungsprozess abgeschlossen ist, bedarf es der Erfüllung einiger Voraussetzungen, um die Rechtsstellung einer legitimen Partei zu wahren. Beispiel hierfür ist die Notwendigkeit einer Teilnahme an einer Bundes-oder Landtagswahl innerhalb eines Zeitraumes von sechs Jahren. Vernachlässigt eine Partei diese Pflicht, verliert sie ihre Rechtsstellung als Partei.

 

 

Die Parteienfinanzierung

 

Staatsfreiheit, Chancengleichheit, Transparenz und Funktionsfähigkeit lauten die vier Grundprinzipien des deutschen Parteienfinanzierungssystems. Um der Entstehung von Wettbewerbsvorteilen oder gar der Instrumentalisierung einzelner Parteien durch den Staat vorzubeugen, erfolgt die Parteienfinanzierung in Deutschland, im Gegensatz zu anderen Nationen, weder vollständig durch öffentliche Mittel, noch ausschließlich durch private Beiträge.
Es ist dieser Dualismus, welcher in der Vergangenheit Grund für diverse Kontroversen bot.
Neben einem vermeintlichen Transparenzdefizit werden Vorwürfe der Korruption regelmäßig geäußert. Das verpflichtende Vorlegen jährlicher Rechenschaftsberichte soll diese Befürchtungen aufklären und etwas Licht ins Dunkel bringen.
Kritiker des Parteifinanzierungssystems bemängeln die Fähigkeit der parlamentarischen Parteien das Ausmaß des staatlichen Anteils der parteilichen Finanzierung zu bestimmen. Dadurch würden die Parteien bemächtigt werden Gesetze zu ihren Gunsten aufzustellen. Um dies zu umgehen, unterliegen solche parlamentarischen Entscheidungen der Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht.

Die Summe des Staatszuschusses ist fest an den politisch-gesellschaftlichen Erfolg einer Partei gebunden. Dieser manifestiert sich in den einzelnen Wahlerfolgen einer Partei, sowie in Mitgliedsbeiträgen und bürgerlichen Spenden.
Dieses Prinzip gilt ebenfalls bei der Verteilung von Haushaltsmitteln auf die parteilichen Stiftungen des Landes. Diese befassen sich hauptsächlich mit der politischen Bildung, sowie mit Sonderbereichen wie der Begabtenförderung.
Die Verteilung dieser Mittel erfolgt im Verhältnis zu den Stimmergebnissen der vorangegangenen vier Bundestagswahlen. Diese Vorgehensweise erntete bereits in der Vergangenheit gehäuft Kritik und auch heute noch verursacht sie regelmäßig Diskussionen.
Eine weitere Maßnahme zur Wahrung der Transparenz stellt die Notwendigkeit dar, Firmen und/oder Organisationen, deren Spendenanteil einen Wert von 10,000€ übersteigt, im Rechenschaftsbericht aufzuführen. Erfolgt dies nicht, verliert die Partei ihren Anspruch auf die staatliche Teilfinanzierung des betreffenden Jahres.

Offensichtlich existiert eine schiere Unmenge an Anforderungen und Richtlinien bezüglich der Gründung einer politischen Partei in Deutschland. Klar definierte Richtlinien wirken somit der Entstehung unseriöser Parteien entgegen, garantieren gleichzeitig eine gewisse Disziplin, welche zur Erhaltung einer politischen Partei erforderlich ist. Die Anforderungen wirken zudem der exzessiven Gründung neuer Parteien und somit der Zersplitterung des deutschen Parteiensystems entgegen.

 

Autoren: Salima Pusch & Severin Gerke